Piraten 8,9% in Worten: acht komma neun Prozent in Berlin :)

Piraten Konstanz Wahlparty Berlin

Piraten Konstanz Wahlparty Berlin
Piraten Konstanz Wahlparty Berlin

Unglaublich! Wahnsinn! Ein Traum! Heute morgen musste ich erst noch einmal nachsehen, ob es wirklich stimmt.:)
Bei der Abgeordnetenhauswahl in Berlin ziehen alle 15 aufgestellten Kandidaten dank des Ergebnisses von 8,9% (vorläufiges amtliches Endergebnis) ins Abgeordnetenhaus ein.

Ein Grund für dieses gute Ergebnis ist aus meiner Sicht, der gute Wahlkampf der Berliner. Hinzu kommt, dass sie sich schon vor Monaten überlegt haben, wie man ihnen helfen kann. Es wurde ein „Reisebüro“ für Schlafplätze eingerichtet, so dass Helfer aus dem ganzen Bundesgebiet sehr leicht Kontakte finden konnten. Damit erleichterten die Berliner den potenziellen Helfern zu helfen und es gab doch einige, die einige Tage Berlin mit Hilfe beim Wahlkampf verbunden haben.

Den Berlinern gelang auch eine Kampagne, die zu den Bewohnern der Stadt passte und sehr gut ankam. Die Plakate beispielsweise hätten uns in Baden-Württemberg wohl eher Stimmen gekostet als gebracht, doch viel Lob und das Ergebnis zeigen, dass es für Berlin richtig war.

Das Ergebnis in Berlin zeigt auch, dass es Potenzial bei Wählern und Nichtwählern für die Piraten gibt. Die größte Gruppe der Wähler konnten die Piraten von den Nichtwählern motivieren, ein schöner Erfolg.

Zahlenvergleiche Berlin und Baden-Württemberg

Manche Stimme hörte ich schon, dass sich der Berliner Wahlkampf direkt auf andere Bundesländer übertragen ließe. Nun, ganz so einfach ist es nicht. Einige Zahlenspiele dazu:

Land Anzahl Piraten Einwohner in Millionen Fläche in km² Anzahl Piraten pro Million Einwohner Fläche pro Pirat
Baden-Württemberg 1574 10,8 35751 146 22,7
Berlin 1015 3,5 892 290 0,88

Während in Berlin jeder Pirat nicht einmal 1km² Fläche zu betreuen hatte, bedeutet das in Baden-Württemberg das 25-fache pro Pirat also 22,7 km². Um also von vielen Menschen wahrgenommen zu werden, müsste jedes Mitglied sich in der gesamten Wahlkampfzeit viel mehr bewegen und somit auch viel mehr Zeit investieren.

Gut zu erkennen ist der Unterschied auch bei den Plakatzahlen. In Berlin hingen 13.000 Plakate sowie um die 50 Großplakate, die aus Baden-Württemberg ausgeliehen wurden. Bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg gab es zunächst pro Wahlkreis 110 Plakate, insgesamt also 7.700 Plakate. In einigen Wahlkreisen kamen Personenplakate und das ein oder andere Großplakat dazu, grob geschätzt werden es somit wohl etwa 10.000 Plakate gewesen sein.

Bezogen auf die Fläche heißt das, dass es in Baden-Württemberg auf etwa 3,6km² ein Plakat gab, während es in Berlin eins pro 0,068km² waren.

Land Anzahl Plakate Wert wie Berlin Wert wie Baden-Württemberg
Baden-Württemberg 10.000 546.138 10.000
Berlin 13.000 13.000 238

Hätten wir in Baden-Württemberg dieselbe Anzahl Plakate pro Fläche aufhängen wollen, so wären das 546.138 Plakate gewesen, das ist das Fünfzigfache dessen, was wir hatten. Andererseits hätte es in Berlin bezogen gleichviele Plakate wie zur Landtagswahl in Baden-Württemberg gegeben, so wären es nur 238 Plakate gewesen. Der Effekt war, es gab in Berlin wohl niemanden, der nicht irgendwann einem Piraten mit Infomaterial begegnete. Die Plakate waren überall allgegenwärtig im gesamten Stadtgebiet.

Vergleich der Ergebnisse

In Berlin passte alles. Es war schon im Vorfeld klar, dass die SPD gewinnen wird, es gab keine besonderen Ereignisse, die speziell eine Partei gefördert hätten. In Baden-Württemberg hatten wir einen Lagerwahlkampf (schwarz-gelb-abwählen) und das Hoch für die Grünen durch Fukushima.

Trotzdem erreichten wir in Baden-Württemberg erstmals bei einer Landtagswahl wieder den Wert der Bundestagswahl von 2009. Ein bisschen andere Umstände, dann hätten wir zwar keine 8,9% gehabt, aber es hätte für den Einzug in den Landtag gereicht.

Start zum nächsten großen Ziel

Berlin zeigt jedoch, dass einiges möglich ist, wenn die Piraten weiterhin gut arbeiten, zur Bundestagswahl stehen die Chancen dann gar nicht schlecht ins Parlament zu kommen. Der Erfolg in Berlin führt gerade bundesweit zu neuen Mitgliedern, mit mehr aktiven Piraten ist auch mehr Präsenz und Arbeit möglich. Es bleibt spannend…

Glückwünsche und Kommentare aus Baden-Württemberg, siehe Pressemitteilung des Landesverbands. Mehr zur Wahlparty der Piraten in Konstanz, siehe auch den Artikel auf see-online.info


7 Antworten zu “Piraten 8,9% in Worten: acht komma neun Prozent in Berlin :)”

  1. Liebe Ute, du hast da einen kleinen Fehler bei der Umlegung der Plakate auf die Fläche:

    1 km² sind nicht 1000 m² sondern eben (1 km x 1 km) = (1000m x 1000m) = 1 mio m²

    1 Plakat pro 68 m² würde auch bedeuten, dass im Schnitt in jeder Wohnung eins hinge, das wäre dann doch wieder etwas viel gewesen ;)
    (und auch 1 pro 3600m² wäre viel)
    Ansonsten stimmen die Ausführungen aber und geben einen guten Überblick, danke.

    Gruß

    Lama

  2. Egal was man von dem Wahlergebnis halten mag: Solange wir noch eine parlamentarische Demokratie und das Wahlrecht haben, sollten wir nicht verzweifeln. Wechsel ist möglich und es stimmt auch einfach nicht, dass man als „Wahlbürger nichts bewegen könne“. Manchmal dauert es nur etwas länger, siehe Atomausstieg. Aber eines ist klar sein: Ohne politische Beteiligung des Einzelnen geht es einfach nicht. Wählen gehen ist daher erste Bürgerpflicht.

  3. Lama: Liebe Ute, du hast da einen kleinen Fehler bei der Umlegung der Plakate auf die Fläche:

    Ups, bissel mehr Konzentration wäre sinnvoll gewesen, kommt davon wenn ich nur so nebenbei ein bissel Zeit habe. Dank dir für drauf aufmerksam machen, ich habe grad noch einen Fehler gefunden und auch den korrigiert.

    Vor allem fand ich spannend wie riesig die Unterschiede bei so deutlich anderer Fläche werden.

  4. Die Piraten sind mehr als eine Protestpartei, weil sie für Bürgerrechte eintreten und zwar auch im Netz, wo andere Parteien sehr inkompetent agieren, Sollten die Parteien aufholen, macht es auch nichts, weil Wähler immer lieber das Original wählen, siehe Atomausstieg, für den die Grünen am glaubwürdigsten stehen und standen. Spannend finde ich den liberalen Grundgedanken der Piraten und gleichzeitig durchaus kommunistische Elemente wie die Vergesellschaftung (geistigen) Eigentums.

  5. @Ute: Das wusste ich noch nicht, hört sich aber komisch an. Nichtsdestotrotz wird niemand bestreiten, dass das System letztendlich demokratisch ist..

  6. Tim: Das wusste ich noch nicht, hört sich aber komisch an.

    Das ist komisch, denn ich würde von unserer Regierung schon erwarten, dass sie es in drei Jahren schafft einen Vorschlag für ein gültiges Wahlrecht zu erarbeiten…

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