Es ist an der Zeit… Förderung für Eltern krebskranker Kinder


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Na, da habe ich es doch im vierten Teil hinbekommen, nochmal kurz einen schönen großen Bogen um das zu machen, womit ich mich nicht so gern beschäftige. Klar, die Informationen gehören auch dazu, aber so ein bisschen ertappt habe ich mich doch. Gut, also zurück zum Thema, ich war dabei zu erzählen, dass ich auch heute noch Mühe habe, mit dieser Zeit vor zehn Jahren.

In diesem Moment am zweiten Tag in Freiburg, als die Aussage kam: „Es gibt Förderung für Eltern krebskranker Kinder von einem Verein„, da realisierte ich zum ersten Mal, was hier wirklich los war. Es ging nicht einfach nur um „das Ei“ da an der Wirbelsäule, es ging um Krebs. Nicht wie ich es schon kannte, bei Erwachsenen, auch das ist niemals einfach. Aber dieses Mal ging es um Krebs bei einem Kind, nicht nur bei einem Kind, bei meinem Kind, mein einziger Sohn, mein Kind hat/hat vielleicht/hat hoffentlich nicht/oder doch sicher… Krebs.

Mein erster Impuls war, dort sofort zu gehen, einen Arzt zu suchen und eine definitive Aussage zu verlangen, jetzt! Irgendwann bekam ich mit, dass die freundliche Dame wohl immernoch mit mir sprach. Sie erzählte was von leider häufig auch längere Aufenthalte, von Elternhaus, das leider grad besetzt sei, aber in einer der angemieteten Wohnungen… Ok, ok, nochmal stopp, also erstmal hier das klären, nachher wieder, die Ärzte sind grad auch in der Pause, ich ermahnte mich selbst: „also los Ute, konzentrier dich, kümmere dich erstmal um dieses Gespräch“ Wie ich das mit Essen machen wolle?

„Essen? Wieso essen? Ich brauch kein Essen, will kein Essen, mein Junior hat womöglich Krebs, lass mich in Ruhe mit blödem Essen… Stop, halt, also sei jetzt vernünftig.“ Essen, ja essen, nun ich sei nicht so anspruchsvoll, ich könne mir auch ein Brot machen… Irgendwann im Verlauf des Gesprächs habe ich verstanden, wenn ich so wenig Geld habe, wie ich sagte, dann sei es kein Problem auch einen Essensgutschein zu bekommen für die Elternkantine und auch das Wohnen müsse ich dann nicht zahlen, dafür bräuchte sie jedoch die Unterlagen, die sie mir hier notiert habe. „Hm, ja, fein, ich kümmere mich darum.“ Nach einer gefühlten Ewigkeit und tatsächlich wohl rund einer halben Stunde, stand ich draußen mit einem Hinweis wo die Kantine ist und dass ich Glück habe, gleich morgen finde der Gesprächsabend statt.

Gesprächsabend, ich brauche kein Gespräch. Essen mit anderen Eltern, na toll, noch mehr solche Geschichten. Will ich nicht, brauch ich nicht, lass mich in Ruhe, wo ist jetzt ein Arzt, der sagt, dass alles nicht so schlimm ist? Wann können wir hier endlich weg? Achso, einen Schlüssel habe ich, da soll ich meine Sachen hinbringen. Na gut, dann gehe ich mal kurz ans Auto und hole einen Teil und schau mal wo das ist.

  • T-Shirts bemalt von Kids am GeburtstagGeburtstag

Die Wohnung ist ebenfalls in unmittelbarer Umgebung, sie sagte es sei manchmal laut, wegen der Kneipe im Haus. „Mir egal, ich bin da ja eh nicht, und wenn, alles besser als dieses Krankenhaus. Ute, jetzt hör auf, sei nicht so egoistisch, der Junge darf auch nicht raus.“ Kurz vor der Wohnung, sehe ich es gibt einen Laden direkt nebendran. „Super, ich brauch das blöde Essen nicht, juhu, da gibt es auch Essen. Essen? Hm, Frühstück wäre ja vielleicht doch nicht schlecht, oder zumindest was fürs Abendessen? Hoffentlich ist ja jetzt niemand in der Wohnung.“ Ich gehe rein, ein normales Mehrfamilienhaus, ich seh keine Kneipe, aber der Schlüssel passt, fein scheint niemand da zu sein, aber es gibt einen Kühlschrank und eine Kaffeemaschine, das Zimmer sieht aus wie eine modernere Jugendherberge, prima, kein Problem. Ich gehe doch kurz in den Laden, ich habe kapiert, ich muss zumindest selbst für Kaffee und Milch dazu sorgen, zwei, drei Joghurt sind auch gut.

Mit schon schlechtem Gewissen, dass ich das Kind so lang allein gelassen habe, kam ich nach weniger als einer Stunde in seinem Zimmer an. Er war verlegt worden, weil ich ja jetzt nicht mehr nachts das Notbett bräuchte. Der Junior unterhielt sich gerade mit seiner Zimmernachbarin, prima, da konnte ich gleich nochmal weg. Im Schwesternzimmer jemand suchen, die weiß, wann ich wo einen Arzt finde und was überhaupt jetzt anliegt. „Gut, dass Sie grad kommen, Sie müssen los, dieses Mal ins Hauptgebäude, zur Untersuchung, bitte nehmen Sie diese Unterlagen mit…“ Der Nachmittag verlief mit weiteren Untersuchungen und noch immer niemand, der irgendwas sagen konnte/wollte. Irgendwer wusste, dass wir jedoch später einen Termin mit dem Arzt hätten.

Noch vor wenigen Tagen an seinem Geburtstag haben die Kids T-Shirts bemalt, gespielt, es war Alltag. Klar im Hinterkopf war da schon, dass etwas nicht stimmt, aber hier gab es keinen Alltag mehr, es war nichts normal, es ging um Krebs. Nicht nur bei uns, sondern rundum uns, wir waren auf einer Krebsstation gelandet.

>>>  zum sechsten Teil


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