Kinderpornographie : Netzsperre : Zensur


Es gibt Themen, über die ich lieber schreibe. Bisher sah ich auch keinen Grund den vielen Artikeln zum Thema Netzsperre einen weiteren hinzuzufügen. Je nachdem, wer wie darüber schreibt, habe ich es nicht nur gelesen, sondern auch kommentiert. Unsinnig finde ich das reine Geschimpfe auf den Staat, das hilft weder den Kindern, noch ändert es was an etwaigen Entscheidungen.

Ich zitiere mich mal selbst (Kommentar bei Dirk):

Zensur ist ätzend.
Insbesondere wenn sie unter dem Deckmäntelchen angeblich etwas zu tun eingesetzt wird.

Was ich außerdem dort schrieb, hier mal noch in etwas ausführlicherer Form:

Leider sehe ich das Problem, dass:

  • noch immer sind bei weitem nicht alle gegen Kinderpornographie und den damit verbundenen Kindesmissbrauch
    • ich kenne die Diskussion zur Wortwahl „Missbrauch“, die „Gebrauch“ implizieren könnte. Ich halte mich da an den Text von www.innifer.de
    • Inzest
    • Sexuelle Gewalt
    • Sexuelle Nötigung
    • Sexualisierte Gewalt
    • Sexuelle Ausbeutung
    • Sexueller Kindesmissbrauch

    Nennt es wie ihr wollt! Von uns aus nennt es „Hugo“.

    Es ist nicht wichtig wie man es nennt, wichtig ist nur wie es ist.

    • es noch immer nicht klar ist, welch ein Verbrechen, mit welch lebenslangen Schäden Kindesmissbrauch ist
    • auch hier gibt es Beteiligte, die man doch lieber nicht verurteilen möchte, weil…
      • das ist ein ganz wichtiger Punkt, denn solange auch Kinderpornographie und Kindesmissbrauch im Zweifel noch immer ein Kavaliersdelikt sind, solange wird es keine effektiven Methoden geben es zu verhindern.

Warum ich jetzt überhaupt darüber schreibe, liegt an einem Artikel, den ich heute dazu las. Jürgen Geuter aka Tante veröffentlichte heute einen Artikel, den er auch als Mail an die zuständigen Stellen schrieb: Schreibe nichts der Böswilligkeit zu, was durch Dummheit hinreichend erklaerbar ist.

Auszüge aus „Schreibe nichts der Böswilligkeit zu…“

„Die Überschrift dieses Artikels ist auch bekannt als Hanlon’s Razor und einer der wichtigsten Grundsätze, nach denen ich mein Leben ordne. Es hat sich für mich als der bessere Weg herausgestellt eben nicht immer böse Absicht und Verschwörungen in Dingen zu sehen, die mir nicht gefallen. (…)

In Deutschland wird seit einiger Zeit, verstärkt allerdings in den letzten Wochen über die Sperrung von Webseiten gesprochen, vor allem vor dem Hintergrund von Kinderpornographie. Die Gegenfraktion nennt es dann „Netzzensur“. (…)
Ursula von der Leyen und heute ihre Fraktionskollegin Ilse Falk sprechen sich für die Sperren aus. Beide sind Mütter, was die Bedrohung von Kindern auch durch Kinderpornographie für beide zu einem sehr nahe gehenden Problem, zu einer echten Bedrohung macht.(…)

Es scheint für Sie so simpel: Da gibt es eine Webseite, die Kinderpornographie verbreitet, also sorgen wir einfach dafür, dass niemand mehr diese Webseite erreicht. Das löst ja das Problem, richtig?

Sie sitzen an dieser stelle zwei Irrtümern auf:

  1. Der Bedarf an Kinderpornographie existiert wegen des Angebots.
  2. Wenn eine Website gesperrt wird, dann ist es schwer sie neu woanders aufzumachen.

(…)
Der Besitz und Konsum von Kinderpornographie ist strafbar und muss verfolgt werden, ohne Zweifel, doch schützen Sie ein Kind dadurch, dass sie einen der Konsumenten hochnehmen? Oder hundert?

Schützen können Sie Kinder nur, indem Sie die Produzenten und die Verbreiter zu packen bekommen, indem Sie die Menschen aus dem Verkehr ziehen, die das Material produzieren. (…)

Verstehen Sie eines, die Kritik an ihrem Plan hat nichts damit zu tun, dass irgendjemand Kinderpornographiekonsumenten, -produzenten oder -verbreiter schützen will. Die Kritik rührt daher, dass Ihre Pläne das Problem nicht mal in Ansätzen lösen oder die Probleme auch nur mildern können, dass allerdings die möglichen Randeffekte Ihres geplanten Vorgehens katastropahle Konsequenzen für unser aller Freiheit haben können.“

Nein, ich bin nicht sicher, ob es nicht doch um Zensur geht, die unter dem Deckmäntelchen Kinder zu schützen, eingeführt wird. Aber selbst wenn, dann finde ich zeigt Jürgen in seinem Artikel auf, was genau an dieser und warum diese Idee in jedem Fall unsinnig ist.
Darüberhinaus schätze ich sachliche Aussagen, die ein bisschen Wind aus einem Streit nehmen und vielleicht eine Lösung ermöglichen. Sollte es nicht zur einer Netzsperrung kommen, dann ist es mir egal, ob es ursprünglich nur um das Thema Kinderpornographie oder eben auch um Zensur ging.


23 Antworten zu “Kinderpornographie : Netzsperre : Zensur”

  1. Dirk Deimeke: Ich glaube nicht, dass Du auf der Leitung stehst.

    Ich jetzt auch nicht mehr.

    Bei golem.defindet sich noch ein Hinweis:

    „Man müsse den Kampf gegen Kinderpornografie mit allen Mitteln führen, legte Guido Brinkel vom Bitkom dar. Er brachte aber auch Befürchtungen zum Ausdruck, dass einmal errichtete Internetsperren auch ‚Begehrlichkeiten wecken könnten, diese gegen Urheberrechtsverstöße und Glücksspiel einzusetzen

    .
    Da steht jetzt nicht, ob das der erste Hinweis war oder eine Antwort. Nun gut, wie auch immer…

    Um mal bei den Fakten zu bleiben:

    • IP-Sperren sind unsinnig
    • Listen von Domains existieren
    • viele Server stehen in Ländern, in denen man gegen die Betreiber vorgehen könnte
    • einige der Diskutierenden wissen wenig bis nichts über die Technik
    • einige der Diskutierenden haben wenig bis keine Ahnung vom Kindesmissbrauch (ob mit oder ohne Pornos)
    • entscheidungsbefugt scheinen überwiegend diejenigen, die weder von der Technik noch vom Missbrauch viel Ahnung haben

    Nicht ganz beweisbar ist die Intention

    • einschränken der Nutzung von Pornographie mit Kindern
    • Netzzensur durch die Hintertür einführen

    Was bleibt jedoch in jedem Fall?

    Ich meine unabhängig davon unter welchem Deckmantel die Sperren durchgeführt werden sollen, sie bleiben ein unsinniges Mittel. Auf jeden Fall gibt es bessere und sinnvollere Wege.
    Bleibt nur die Frage:
    Warum diskutieren Politiker darüber, die nicht wissen, wovon sie reden?

  2. Nicht nur „viele Server stehen in Ländern, in denen man gegen die Betreiber vorgehen könnte“, sondern „fast alle Server …“.

    Ich denke nicht, dass ein Politiker Ahnung von dem Bereich haben muss, den er vertritt (das meine ich sogar ernst). Die Fragen gehen viel zu weit in die Tiefe, als dass eine einzige Person wirklich Ahnung von _allen_ Spezialbereichen, die in sein Ressort fallen, haben kann.

    Aber: Politiker sollten Spezialisten aus allen Bereichen haben (gerne auch aus der eigenen Partei), auf deren Urteil sie vertrauen. Sie sollten nicht denken, dass sie schlauer sind als die Spezialisten.

  3. Dirk Deimeke: Ich denke nicht, dass ein Politiker Ahnung von dem Bereich haben muss, den er vertritt (das meine ich sogar ernst).

    Ja, da sind wir uns einig, denn wie du richtig schreibst:

    Dirk Deimeke: Die Fragen gehen viel zu weit in die Tiefe, als dass eine einzige Person wirklich Ahnung von _allen_ Spezialbereichen, die in sein Ressort fallen, haben kann.

    Ja, bis hierhin ist alles klar. Jedoch ist das nur die Theorie, denn wie du eben auch schreibst:

    Dirk Deimeke: Aber: Politiker sollten Spezialisten aus allen Bereichen haben (gerne auch aus der eigenen Partei), auf deren Urteil sie vertrauen. Sie sollten nicht denken, dass sie schlauer sind als die Spezialisten.

    Für mich heißt das, es ist die Verantwortung eines Politikers sich die nötigen Informationen zu beschaffen.

    Aus meiner Sicht bedeutet es unterm Strich eben, dass die jeweiligen Politiker zum Zeitpunkt der Entscheidung das nötige Wissen haben müssen.
    Genau das klappt aber nicht.
    Die Argumente der Diskussion zeigen deutlich, dass das Wissen nicht vorhanden ist.

    Und genau deshalb ist es am Ende doch so:

    Es diskutieren Politiker über Themen, von denen sie keine Ahnung haben.

  4. Aus meiner Sicht bedeutet es unterm Strich eben, dass die jeweiligen Politiker zum Zeitpunkt der Entscheidung das nötige Wissen haben müssen.

    Nein, da habe ich mich dann missverständlich ausgedrückt.

    Ein Politiker muss mit seinen Spezialisten, am besten sogar mit verschiedenen mit unterschiedlichen Meinungen, sprechen und der Empfehlung folgen.

    Nichts anderes passiert in allen anderen Bereichen auch. Wenn ich eine Kaufentscheidung treffe, schaue ich nach Empfehlungen, ich habe auch nicht von allen Dingen Ahnung.

    Die Argumente der Diskussion zeigen deutlich, dass das Wissen nicht vorhanden ist.Und genau deshalb ist es am Ende doch so:Es diskutieren Politiker über Themen, von denen sie keine Ahnung haben.

    Da stimme ich Dir zu.

    Auf dem Papier sind die Politiker auch nur sich selbst, Ihrem Gewissen und ihren Wählern gegenüber verantwortlich und nicht der eigenen Partei … Wie kann es dann sein, dass alle sehr guten Vorschläge aus dem „anderen“ politischen Lager abgelehnt werden?

    Na, ja, wir leben nicht in einer idealen Welt …

  5. Für mich wirkt es so:

    Eine Familienmiisterin, die zuständig ist für Themen in diesem Bereich, versteht offenbar nicht:
    Es wird nicht ein Kind dadurch geschützt, dass ein paar Pornos weniger runtergeladen werden.

    Missbrauch lässt sich nur verhindern, wenn die Täter überführt werden.

    Kinderpornos werden nicht weniger, weil man ein paar davon abhält sich diese runterzuladen.

    Wie die Ministerin dahin kommt, das zu kapieren, das ist mir egal, ich erwarte, dass sie es versteht. Ob sie sich dafür externe Berater sucht, den Empfehlungen anderer Parteien folgt oder sich selbst informiert, das ist ihre Entscheidung.

    Dass die Welt nicht ideal ist, klar, aber dass Politiker Entscheidungen treffen, von denen ihnen alle Fachleute abraten, dass ist ätzend.

  6. Da stimme ich Dir nicht zu.

    Ich erwarte nicht, dass sie versteht. Ich erwarte, dass sie aufgrund von Experten eine objektive Entscheidung trifft und sich nicht durch Schlagworte blenden lässt.

  7. Dirk Deimeke: Ich erwarte nicht, dass sie versteht. Ich erwarte, dass sie aufgrund von Experten eine objektive Entscheidung trifft und sich nicht durch Schlagworte blenden lässt.

    Das ist die wohl objektivere und vernünftige Erwartungshaltung.

    Ich will aber nicht immer vernünftig und objektiv sein. ;-)

    Zugegebenermaßen könnte es am Thema liegen, bei einem anderen Thema und ähnlicher Sachlage würde es mir wohl reichen…

  8. Ich will aber nicht immer vernünftig und objektiv sein.

    Das ist Dein Vorrecht als Frau :-) (bitte nicht zu ernst nehmen)

    Ich bemerke immer stärker, dass das nur die Spitze des Eisbergs ist. Es wird immer seltener an den Ursachen gearbeitet.

    In jedem Fall muss alles getan werden, um den misshandelten Kindern zu helfen und tut eine Sperre sicherlich nicht.

  9. Dirk Deimeke: Das ist Dein Vorrecht als Frau :-)

    Weißt du, ich kann ganz gut damit in solchen Fällen sehr zufrieden damit zu sein, dass ich Frau bin. Solange ich keine Handtaschen benutzen muss oder kochen oder zum Friseur gehen… ;-)

    Dirk Deimeke: Es wird immer seltener an den Ursachen gearbeitet.

    Ja, ich denke das ist das Hauptproblem. Aber die armen Politiker haben ja auch keine Zeit.
    Im ersten Jahr der Amtszeit muss man sich aneinander gewöhnen. Im zweiten Jahr muss man sich einarbeiten. Im dritten Jahr muss ganz schnell noch was Sichtbares passieren, weil es doch im vierten Jahr um den Wahlkampf geht.

    Da ist keine Zeit um nach Ursachen zu schauen. ;-)

  10. Da kann ich Dir nur Recht geben …

    Das ist aber nicht nur ein Problem der Politiker …

    Nimm als Beispiel Selbstadministration. Da werden tonnenweise Konzepte (Getting Things Done, …) und Programme (Hiveminder, Remember the Milk, …) herausgehauen, die Dir helfen, mit unglaublich grossen ToDo-Listen fertigzuwerden, statt Hilfen an die Hand zu geben, die Listen gar nicht erst so gross werden zu lassen.

    Von diesen Beispielen gibt es unglaublich viele.

  11. Dirk Deimeke: statt Hilfen an die Hand zu geben, die Listen gar nicht erst so gross werden zu lassen.

    Vielleicht wäre es eine Marktlücke, solche Hilfen mal in allgemein verständlicher Form anzubieten. Ich fürchte das ist gar nicht so einfach.

  12. Es gibt ja zwei einfache Methoden, die schon enorm helfen:

    (1) Alles, was weniger als drei Minuten in Anspruch nimmt, sofort erledigen.
    (2) Lerne, „nein“ zu sagen.

  13. Dirk Deimeke: (1) Alles, was weniger als drei Minuten in Anspruch nimmt, sofort erledigen.

    Das ist noch ein leicht zu verstehender Tipp.

    Dirk Deimeke:
    (2) Lerne, “nein” zu sagen.

    Aber hier glaube ich nicht dran, dass es jemand hinbekommt, es einfach umzusetzen, nur weil er oder sie es sich grad mal vorgenommen hat. Aus meiner Erfahrung gehört da einiges an Übung und Disziplin dazu.

  14. Aber hier glaube ich nicht dran, dass es jemand hinbekommt, es einfach umzusetzen, nur weil er oder sie es sich grad mal vorgenommen hat. Aus meiner Erfahrung gehört da einiges an Übung und Disziplin dazu.

    Das stimmt. Deswegen auch das „lerne“. Wenn Du damit beginnst, in Frage zu stellen, ob Du eine bestimmte Aufgabe übernehmen willst oder musst, ist der erste Schritt schon getan. Viele nehmen es als „Gott gegeben“ hin, dass sie zugeschüttet werden.

  15. Dirk Deimeke: Viele nehmen es als “Gott gegeben” hin, dass sie zugeschüttet werden.

    Jep, das ist allerdings ein Punkt bei dem Frauen noch gefährdeter sind, weil es die gute Erziehung so gebietet.

    Natürlich lässt sich das ändern, aber dann sind wir weit weg von meiner Idee, in einfacher Form Hilfen anzubieten, statt der jetzigen Methoden…

    Denn je gefestigter dieses „nicht nein sagen können“ ist, desto schwerer und langwieriger der Weg es zu ändern.

  16. Gebe Dir Recht. (Die Erziehung war nicht „gut“, wenn sie das gebietet …)

    Vielleicht ist der einfache Ansatz, nicht alles sofort fertig machen zu wollen.

    Ich habe in einer meiner vorherigen Stellen das Problem gehabt, dass Leute kurz vor Feierabend auf mich zu kamen und sagten, dass sie etwas haben, was dringend erledigt werden muss. (Irgendwie denkt jeder, dass seine Aufgaben die dringendsten sind). Da bin ich dazu übergegangen, zu sagen, dass es heute nicht mehr klappt, ich mich aber am Tag darauf um 06:00 Uhr mit Ihnen treffen würde, um das zu erledigen. So wichtig war es dann nie.

  17. Dirk Deimeke: Da bin ich dazu übergegangen, zu sagen, dass es heute nicht mehr klappt, ich mich aber am Tag darauf um 06:00 Uhr mit Ihnen treffen würde, um das zu erledigen. So wichtig war es dann nie.

    Ich würde aus meiner Sicht eher zwei Uhr nachts als morgens um sechs anbieten, aber ja, ich denke schon dieses Verschieben sorgt dafür, dass sich manches von selbst erledigt.

  18. @Dominik Ich habe ja auch noch weitere Artikel dazu geschrieben. In Blogs lässt sich viel darüber lesen, dass das Ganze unsinnig ist.

    Leider ist es jetzt jedoch erstmal so, dass einige Provider freiwillig sperren… Ich hoffe die regelmäßige Berichterstattung in Blogs verhindert wenigstens das dazu passende, geplante Gesetz…

  19. Kinderpornographie ist ein wirklicher Grauen, ich weiß gar nicht, wie man Menschen sich so etwas angucken können. Wenn es kein Interesse an Kinderpornographie gäbe, so wäre auch kein Angebot da. Da liegt doch das Problem.

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