Gründe die für und gegen Kandidaturen sprechen…

Buttons Piraten Konstanz 2010 Piratenpartei

Buttons Piraten Konstanz 2010 PiratenparteiIch bin seit 2009 bei den Piraten. Da war eine Bundestagswahl, die Gründung eines der ersten Kreisverbände in Baden-Württemberg, mit Teilnahme an der Bürgerinitiative zum Konzerthaus, die Organisation eines Landesparteitags Konstanz 2010, Aktionen wie die Kinderliederhefte, die Kandidatur zur Landtagswahl 2011, diverse Kämpfe gegen Windmühlen, die erste Amtszeit als Beisitzerin im Landesvorstand 2011,  die zweite Amtszeit als stellvertretende Vorsitzende seit März 2012, siehe auch Tätigkeitsbericht.

Gründe die gegen Kandidaturen sprechen

Viele!  ;)

Es ist sehr viel Arbeit, kostet Energie, wird nicht bezahlt, sondern kostet eher noch Geld. Bei den Rückmeldungen überwiegt unsachliche, persönliche Anmache, weit vor sachlicher Kritik, nur selten und von einigen wenigen gibt es Lob für die Arbeit.

Gründe die für Kandidaturen sprechen

Infostand Marktstätte Piraten Konstanz 2009 Piratenpartei

  • die Hoffnung etwas dazu beizutragen, was einem selbst wichtig ist
  • Spaß an dem was man in der Zeit, die man investiert tut
  • Idealismus
  • persönlicher Ehrgeiz gewählt zu werden
  • Schreibrecht auf der Vorständeliste

Für mich relevant war bei allen Kandidaturen in erster Linie, der Punkt dabei zu helfen, etwas zu bewegen, was mir wichtig ist. Der zweite Punkt war jeweils der Spaß während alledem, was man jeweils tut. Bestimmt gibt es noch andere als die genannten Gründe, je nach Person, ist anderes wichtig. Mir fallen gerade nur die genannten Gründe ein.
Landesparteitag Tübingen Piraten Konstanz 2010 Piratenpartei
Ich bin sehr kleinlich mit mir selbst, wenn ich für etwas kandidiere. Für mich ist gewählt werden in ein Amt oder zu einer Kandidatur wie zur Landtagswahl eine Verpflichtung. Bei der Wahl verspreche ich denen etwas die mich wählen könnten. Für mich dürfen Versprechen nicht gebrochen werden. Ja, es kann Gründe geben, die unumgänglich sind, aber für mich persönlich käme da sehr wenig in Frage. Deshalb habe ich mir bei jeder Kandidatur sehr genau überlegt worauf ich mich einlasse, um welchen Zeitraum es geht, den ich verspreche und meist auch länger darüber nachgedacht, ob ich dieses Versprechen mich einzusetzen auch erfüllen kann.

Bezogen auf alles was gegen eine Kandidatur spricht, hätte ich nie kandidieren dürfen. Es war nie „vernünftig“, ich habe immer viel Arbeit, viel Zeit, Energie und auch Geld in die jeweiligen Ämter gesteckt. Egal ob es die Organisation des LPT, die Kandidatur zur Landtagswahl oder ein Vorstandsamt war, nur aus Vernunftgründen, hätte ich mich immer dagegen entschieden. Klar dagegen entschieden hatte ich mich bei den Fragen nach einer Kandidatur zur Bundestagswahl. Da war für mich klar, ich will nicht in den Bundestag und ich kann nicht für etwas kandidieren, was ich ganz sicher nicht tun will.

Bürgerinitiative Konzerthaus Piraten 2010 PiratenparteiTrotzdem habe ich immer wieder kandidiert, zuletzt eben zweimal für den Landesvorstand.

Warum kandidieren?

Kandidiert hatte ich 2012 als Shitstormmagnet, in dem Wissen, dass die Kommunikation ein großes Problem ist und in der Hoffnung, dass diejenigen, die daran etwas ändern wollen mehr werden. Mich hierfür an Gegenkandidaten abzugrenzen hatte ich abgelehnt.  Mein persönliches Ziel war hier etwas beizutragen, um das Verhältnis untereinander zu verbessern und ich wollte bis zur Bundestagswahl einen kontinuierlichen Vorstand als Grundlage haben. Aus meiner Sicht wäre eine 18-monatige Vorstandsamtszeit dafür hilfreich gewesen. Gut fände ich ja auch einen wechselnden Vorstand mit längerer Amtszeit. Sprich es würde jährlich die eine Hälfte des Vorstands gewählt, im kommenden Jahr dann die andere Hälfte. So käme es nicht zu Situationen wie in dieser Amtszeit, als ich die einzige war, die bereits Teil des vorigen Vorstands war.

Infostand Stockach Piraten Ute 2011 PiratenparteiLeider ist eine solche Regelung nicht so einfach parteiengesetzkonform in die Satzung zu gießen und viele scheuen auch eine längere Amtszeit, weil ungeeignete Vorstände dann nicht so schnell abgewählt werden könnten. Mein Antrag hierzu wurde daher abgelehnt. Aus meiner Sicht und auch aus Sicht vieler Piraten wirkt die stellvertretende Vorsitzende vor allem nach innen, auch wenn die Geschäftsordnung des Vorstands das nicht so eindeutig formuliert. Das Wirken nach innen war also Ziel und Aufgabe.

Kandidiert habe ich also, weil ich Ziele hatte, weil ich etwas Bestimmtes erreichen wollte. Das war es mir wert. Hinzu kam, dass bereits alle anderen amtierenden Landesvorstandsmitglieder eine erneute Kandidatur ausgeschlossen hatten. Es wäre für einen vollständig neuen Vorstand sehr, sehr schwer gewesen sich einzuarbeiten. Trotz einigem was dagegen sprach, trotz massivem Gegenwind in Form von anonymen Drohmails und ähnlichem, habe ich wieder kandidiert und wurde auch erneut gewählt.

Ute Fasnet Marktstätte Piraten-Jupi 2011 PiratenparteiKandidatur für den Landesvorstand 2013

Ursprünglich hatte ich ja die Bundestagswahl als Ziel, allerdings schwebte mir eine Amtszeit bis Oktober vor. Es wäre also noch um rund ein halbes Jahr gegangen. Tatsächlich geht es bei der kommenden Amtszeit jetzt um eine neue Amtszeit ab dem 9. März für ein Jahr. Bei der Landesaufstellungsversammlung kamen erstmals Fragen nach einer erneuten Kandidatur. Zu dieser Zeit hatte ich noch gar nicht darüber nachgedacht, es war noch viel zu weit weg.

Als ich begann darüber nachzudenken, schreckte mich zunächst die lange Zeit es ging um ein Amt bis etwa Frühjahr 2014. Ich hatte bei der Landesaufstellungsversammlung jedoch auch gesehen, dass viele in Baden-Württemberg bekannte und aktive Mitglieder jetzt auf die Liste gewählt worden waren, teils verbunden mit einer Direktkandidatur. Mir war also bereits im Herbst klar, dass die Zahl an Kandidierenden, die auch Wahlchancen haben, nicht riesig werden würde. Aus meiner Sicht sollte es keine Kombination aus Landesvorstandsmitglied und Kandidatur um ein Mandat geben, das ist einfach zuviel, um beides gut machen zu können, ohne sich zu übernehmen. Ich tendierte zu 80% zu einem Ja, aber es war ja auch noch Zeit.

Ute nachts Marktstätte Piratenschiff 2011 PiratenparteiDie Stimmung der Gesamtpartei war in dieser Amtszeit deutlich schlechter, als in den Jahren davor. Auch in Baden-Württemberg brodelte mehr als auch schon, ich hatte die Hoffnung, dass nach der Landesaufstellungsversammlung einiges besser wird hier im Ländle, weil es die Konflikte um Kandidaturen zur Bundestagswahl ja nicht mehr gäbe. Leider bewahrheitete sich das nicht und damit verändert sich der Spaß am eigentlichen Tun. Meine Motivation für eine erneute Kandidatur sank auf etwa 70%.

Im November begannen einige Wochen, die mich persönlich stark belasteten, es gab den Verdacht auf Brustkrebs. Manches an Piraternterminen musste ich wegen Untersuchungsterminen ausfallen lassen, was ich an sich geplant hatte. Bei der Marina-BW Anfang Dezember hatte ich gerade eine Biopsie hinter mir und wusste noch immer nicht, was dabei rauskäme. Sonst sind es für mich häufig die Veranstaltungen mit Piraten, die wieder einen Motivationsschub geben, die mir wieder zeigen wofür ich etwas tue. Das klappte dieses Mal nur zum Teil, es gab auch bei der Marina-BW diverse schwelende Konflikte die thematisiert wurden. In einem Moment, in dem ich gerade nicht wusste, ob ich jetzt Krebs habe oder nicht, wirkte manch ein Konflikt noch deutlich überflüssiger als sonst schon manchmal. Meine Tendenz zu einer erneuten Kandidatur sank auf nur noch rund 40%.

Ute Plakate kleben 2011 PiratenparteiNach einer Pause von allem, was sich irgendwie absagen ließ, über rund drei Wochen, war für mich klar, dass ich zwar diese Amtszeit so gut wie irgend möglich abschließen werde, aber dass ich nicht noch einmal kandidieren möchte. Ich hatte außer der Gesundheit in diesem Jahr noch manch andere Probleme in meiner näheren Umgebung, die sehr viel Kraft gekostet hatten. Mir wurde klar, ich will nicht nochmal solch ein Jahr. Für dieses Jahr habe ich einige persönliche Pläne, die viel Zeit und Energie kosten werden, die sind mir wichtiger.  Inzwischen war es Anfang Januar, ich hatte noch rund 15% Tendenz zu kandidieren, mein Nein stand jedoch schon ziemlich sicher.

Der Piratenalltag hatte mich wieder, und ich merkte, ich war genervt. Vieles was ich sonst ignoriert habe, bewusst überlesen habe, viel Streit, Selbstzerstörung und Gezanke, ärgerte mich, machte mich aggressiv und verdarb mir den Spaß an alltäglicher Piratenarbeit. Es gab nur noch eine kleine Resttendenz, doch noch einmal zu kandidieren.

Bürgerinitiative Konzerthaus Piraten 2010 PiratenparteiFür diese kommende Amtszeit wurde ich von verschiedenen Personen gefragt, teils sogar gebeten erneut zu kandidieren. Erfreulich aber auch erstaunlich war für mich hierbei, dass diese Fragen von Piraten kamen, die durchaus sehr unterschiedliche Richtungen innerhalb der Partei vertreten. Für mich zeigt das, dass es mir wohl gelungen ist, nach innen so zu wirken, dass sich verschiedenste Mitglieder gut vertreten fühlten. Das ließ in den letzten Wochen mein „Nein“ noch das ein oder andere Mal wackeln.

Häufiger als die hoffenden Anfragen, bekam ich jedoch mit, wer sich gerade wieder einmal unter der Gürtellinie über wen äußerte. Oft argumentierte A, dass B ja so unglaublich unsensibel gewesen sei, um gleich ebenso unsensibel unter der Gürtellinie draufzuhauen. Ja, teilweise liegt es an mir, dass es mir häufiger auffällt, dass ich schlechter über etwas hinwegsehen kann.

Presse 2011 PiratenparteiAber es liegt auch ganz stark am Umgangston untereinander. Ich kannte Gegenwind von Anfang an, ich bin geübt darin, wenig persönlich zu nehmen, was nicht so gemeint ist, ich kenne unterirdische, obszöne, anonyme Drohungen. Das alles ist akzeptabel, wenn unterm Strich genug da sind, mit denen es Spaß macht etwas gemeinsam zu tun. Es ist alles gut, solange einige der Stunden, die ich pro Woche investiere so sind, dass ich es als Freizeit, als etwas Gutes sehen kann. Aber das klappt nicht mehr. Immer häufiger mache ich Mails auf und gleich wieder zu, um mich nicht aufzuregen. Vielfach mache ich twitter auf und habe nach zehn Tweets schon wieder genug. Das Verhältnis stimmt einfach nicht mehr. Ich habe mich selbst beobachtet und konnte zuschauen wie die letzten Prozente, die noch immer für eine Kandidatur sprachen, mit jedem größeren Zankapfel abnahmen.

Mir fehlen auch die Aktiven. Manche sind noch dieselben wie damals 2009, viele sind die, die schon 2011 zur LTW dabei waren. Einige von damals fehlen allerdings auch, dafür gibt es manch tolles neues Gesicht, mit guten Ideen und Bereitschaft sich zu engagieren. Aber insgesamt ist die Zahl der Aktiven nicht höher als 2011, nur die Zahl der Mitglieder hat sich verdreifacht. Würden alle Mitglieder zahlen, dann wäre das auch ok, dann ließe sich manches ausgleichen. Einen Wahlkampf mit wenigen Aktiven, viel zuwenig Geld, plus schlechter Stimmung in verantwortungsvoller Position, nein, das ist mir grad entschieden zuviel.

Wahlzettel 2009 PiratenIch bedauere, dass es mir grad nicht mal schwer fällt nicht zu kandidieren, das passt an sich nicht zu mir. Inzwischen fehlt mir jedoch die Motivation für eine Kandidatur, das tut mir leid, für diejenigen, die sich über eine Kandidatur gefreut hätten. Aber sorry, ihr seid zuwenige, das Verhältnis von guten und schlechten Zeiten ist für mich derzeit zu weit abgerutscht. Und: Ihr wisst schon, wir wollten sowieso nicht sowas wie die etablierten Parteien, mit Vorständen die über Jahre immer dieselben sind…


12 Antworten zu “Gründe die für und gegen Kandidaturen sprechen…”

  1. Tja, was sag ich…

    ich bedauere deine „Nicht-Kandidatur“ natürlich sehr. Seis drum. Bleib wie du bist und lass es dir an der Basis gut gehen – und lass dich nicht entmutigen. Du würdest als eine der guten Fehlen. Aber was schwafel ich? Ich nehm an dich zu entmutigen ist trotz Frust ’n Ding der Unmöglichkeit. Hoff wir sehen uns bald wieder aus nicht hochoffiziellen Gründen ;)

    Gruß Dave

  2. Wir hatten uns ja schon drüber unterhalten, aber es nochmal zu lesen stimmt mich trotzdem traurig! Du wärst eine weitere Amtszeit eine absolut großartige Stellvertreterin gewesen und ich finde es schade, dich nicht erneut ins Amt wählen zu dürfen. Trotzdem verstehe ich deine Beweggründe (was mich ehrlich gesagt noch wütender macht) und wünsche dir, dass du wieder (mehr) Zeit für dich selbst findest!

  3. Dankeschön für eure Rückmeldungen. :)

    Dave, ich lass mich nicht gleich entmutigen, aber erstmal ne Pause und Platz für anderes werde ich mir sicher nehmen.

    Danke Lisa, ja, manches wäre nicht nötig… Zeit nehmen habe ich fest vor und dann mal sehen…

  4. Wir haben uns wegen einer Kandidatur schon häufiger ausgetauscht. Das du eher skeptisch warst, war mir klar. Deine Gründe, die für dich gegen eine Kandidatur sprechen, jetzt zu lesen, machen mich traurig und das du nicht kandidierst bedauere ich.
    Danke, das du dir die Überlegung, ob du nochmals Kandidierst, nicht leicht gemacht hast. Das sagt vieles über dich aus.

  5. Ich finde es schade, dass du nicht mehr kandidieren willst. Aber klar, jeder muss sich seine Prioritäten setzen. Und wenn bei dir jetzt Zeit für eine wohlverdiente Auszeit ist, dann nimm sie dir.

    Vielen Dank für deine bisherige Arbeit, nicht nur im Landesvorstand, sondern auch für die Piraten allgemein!

  6. Jetzt erst dazu gekommen den Eintrag zu lesen. Rückblickend auf dein Engagement kann ich nichts anderes sagen als ein schlichtes von Herzen kommendes Danke: Danke!

  7. […] Dieses Jahr nutzten vor allem die Piraten bei Kandidaturen oft Formspring, das war ein Fragetool, die Frage kam an, und konnte dort beantwortet werden. Bei allem bei dem ich mehr Zeit investiere, mag ich es lieber auch im eigenen Blog, das habe ich im Griff und nur ich entscheide, was bleibt und was geht. Daher habe ich relevante Fragen und Antworten ins Blogformat gebracht, so wie untenstehend, hier sind viele sehr piratenlastige Fragen, siehe hierzu Gründe für Kandidaturen. […]

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