Gegen das Konzerthaus in Konstanz auf dem Klein-Venedig


  • Konzerthaus Konstanz Klein-Venedig

In Konstanz geht es zur Zeit zum wiederholten Mal um das Thema eines Konzerthauses. Von „braucht Konstanz ein Konzerthaus“ über in welcher Form, bis hin zu „soll das Konzerthaus auf dem Klein-Venedig stehen“ gibt es verschiedenste Aspekte. Aus meiner Sicht lässt sich manches Für und Wider finden, jedoch auf keinen Fall sollte das Konzerthaus wie zur Zeit gerade geplant auf dem Klein-Venedig entstehen.

Die im Bild zu sehende Karte skizziert wie wenig Freifläche es in Seenähe in Konstanz jetzt schon gibt. (Die grauen Bereiche sind überwiegend bebaut oder nicht öffentlich zugänglich, die grünen Teile zeigen Freiflächen direkt am See.) Das Konzerthaus würden einen weiteren Teil verbauen. Im Vergleich sieht man auf der anderen Seite der Grenze wie es bei den Nachbarn in Kreuzlingen aussieht.

Bürgerentscheide

Bereits am 7. Dezember 2003 gab es einen Bürgerentscheid, der sich gegen das geplante Konzerthaus auf Klein-Venedig aussprach. Schon damals habe ich dagegen gestimmt.

Schockiert musste ich feststellen, dass das nicht half, denn ein Bürgerentscheid braucht einen Anteil Mindestbeteiligung:

„Im Ergebnis betrug die Zahl der gültigen Nein-Stimmen nicht die erforderlichen Mindeststimmberechtigten von 30%. Es kam kein bindender Bürgerentscheid zustande. Nach §21 Abs.6 GemO hat damit der Gemeinderat die Angelegenheit zu entscheiden.“

Für mich ist das ein völlig unsinnige Regelung, denn warum zählt hier nicht, was bei jeder anderen Wahl zählt?

Die Stimmen der Gegner des Konzerthauses verstummten jedoch in den vergangenen Jahren nicht. Wohl deshalb soll mit einem erneuten Bürgerentscheid am 21. März 2010 diesselbe Frage erneut gestellt werden:

„Sind Sie für den Bau des Konzert- und Kongresshauses auf Klein-Venedig?“

Die Stadt Konstanz wirbt mit allen Mitteln

Angeblich wird sich der Verkehr durch das Konzerthaus reduzieren, denn durch eine Umstrukturierung des Umfelds käme es zu einer Entlastung. Insgesamt sollen 750 weitere Parkplätze hinzukommen, die einen zusätzlichen Verkehr von 2600 Fahrzeugen täglich mit sich brächten. Der Verkehr in der östlichen Bodanstraße soll um rund 2.900Fahrzeuge und am Bahnhofsplatz um rund 4.500 Fahrzeuge täglich reduziert werden. Nun, unterm Strich bleiben aus meiner Sicht deutlich mehr Fahrzeuge in der sowieso schon überlasteten Innenstadt, selbst wenn – wie geplant – eine direkte Zufahrt aus Kreuzlingen ermöglicht werden soll, kann das die Lage nicht verbessern.

Die Stadt Konstanz gibt bis zur Entscheidung einen Newsletter heraus, die ersten beiden Ausgaben enthielten jedoch keine relevante Information, die nicht an anderer Stelle der städtischen Website bereits zu finden wäre. Allerdings fällt bei genauerem Hinsehen auf, dass auch hier mit allen Mitteln Vorzüge dargestellt werden und Vergleiche angestellt werden, die zu Rückschlüssen verführen, die hier so nicht zutreffen. Beispielsweise wird als leuchtendes Beispiel Reutlingen hervorgehoben, jedoch dort fiel kein Bürgerentscheid gegen die Planung aus und die Vergaben gingen wohl an regionale Unternehmen. In Konstanz dagegen wurden alle Bewerbungsgemeinschaften geheim gehalten, ob die aktuelle Bietergemeinschaft aus regionalen Anbietern besteht, ist damit also nicht klar.

Die Stadt wirbt mit allen Mitteln für das Konzerthaus selbst und für diesen Standort, die Lage am Klein-Venedig sei eben die schönste und für das Gelände gäbe es keine bessere Lösung. Das aus aufgeschüttetem Müll entstandene Gelände müsse dann auch nicht mehr so stark abgepumpt werden, um zu verhindern, dass verunreinigtes Wasser in den See fließt. Die Anbindung an die Innenstadt sei für die Bereiche als Kongresszentrum notwendig. Alternative Orte hätten keine so gute Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr und als Werbung für ein Kongresszentrum wäre das unabdingbar.

Klar, den Hauptbahnhof zu versetzen ist ein bisschen schwierig, aber eine städtische Buslinie könnte durchaus auch an anderen Stellen so angepasst werden, dass das Gelände einfach zu erreichen wäre. Am Seerhein gibt es das Great-Lakes-Gelände welches den Vorteil eines Autobahnanschlusses brächte, es habe jedoch keinen Seebezug. Nun es liegt direkt am Seerhein und der See ist noch immer in Sichtweite…

Auf der Seite über die Geschichte des Konzerthauses werden die Zahlen der grundsätzlichen Zustimmung zu einem Konzert- und Kongresshaus hervorgehoben, die abgelehnte Entscheidung für den Standort Klein-Venedig wird jedoch verschwiegen. Der Gemeinderat ist seit vielen Jahren mit klarer Mehrheit für das Konzerthaus an diesem Standort.

Bei Zahlen und Fakten wird berechnet, dass das Konzert- und Kongresshaus die Stadt 48 Millionen kosten würde. Die Parkplätze und das Kongresshotel würde ein privater Investor zahlen, alle Berechnungen seien sicher, da ein Festpreis ausgemacht würde. Es müsse nicht mit höheren Kosten gerechnet werden.

Wirtschaftlich würde sich das Projekt auf jeden Fall rechnen, weil weitere Einnahmen durch zusätzlichen Tourismus zu erwarten seien, denn es würden dann 18 Millionen mehr von Touristen ausgegeben werden, was auch der Stadt zugute käme.

Unter den Fragen und Antworten schreibt die Stadt Konstanz, dass Schulen ja bereits gefördert würden, es gäbe also keinen Grund die 48 Millionen nicht ins Konzerthaus zu investieren. Wenn die Schulen so toll gefördert wurden und werden, dann frage ich mich schon, warum vor nahezu jeder Schule zusäztliche Container-Schulräume stehen.

Das Klein-Venedig sei ja sowieso nur eine Müllkippe, es störe also auch nicht, wenn es damit auch hier keine Freifläche mehr gäbe. Konstanz hat angrenzend an den See, den Stadtgarten als kleine öffentliche Fläche und ansonsten gibt es erst nach einigen Kilometern kurz vorm Hörnle wieder angrenzende öffentliche Grünflächen. Die Promenade hat insgesamt kaum Freiflächen, um sich aufzuhalten, sondern besteht überwiegend nur aus den direkten Spazierwegen. Trotzdem wäre das Klein-Venedig nicht nötig, sondern könnte prima auch noch zugebaut werden, siehe auch Luftaufnahme auf dieser Seite.

Die Sperrzeitverordnung der Stadt Konstanz besagt seit Jahren, dass in der Innenstadt um 23 Uhr Schluss ist in allen Gartenlokalen oder wie auch immer gearteten Außenbereichen. Ich stelle mir ein Konzert an einem lauen Sommerabend vor, welches die Besucher anschließend noch im Gartenbereich ausklingen lassen wollen, was jedoch bis maximal um 23 Uhr möglich ist, egal ob Wochenende oder nicht.

Laut Südkurier vom 7.12.2009 ist ein Umfrageergebnis, dass die Bewohner nicht mehr so überzeugt von der Notwendigkeit des Konzerthauses sind, wie im Vorjahr, die Zustimmung ging von 51% auf 40% zurück. Das hindert den Südkurier jedoch nicht daran in der gesamten weiteren Berichterstattung doch sehr stark auf Befürworterseite des Projekts zu stehen. Die jeweils aktuellen Berichte zum Konzerthaus gibt es unter dem Suchbegriff Konzerthaus.
Sehr ausgeglichen erscheinen mir die ersten Berichte auf see-online.info kritischere Kommentare zum Konzerthaus finden sich im Moment vor allem auf seemoz.eu:


8 Antworten zu “Gegen das Konzerthaus in Konstanz auf dem Klein-Venedig”

  1. Ich kann mich richtig gut vorstellen wie du sich jetzt fühlst. Bei uns in der Stadt gab es vor einer Weile auch so eine Abstimmung. Damals gab es genug Mindeststimmberechtigten und wurde gegen das Projekt gestimmt. Doch die Gemeinderat wechselte und die neue Rat fühlte sich nicht verpflichtet das „alte Versprechen „ (es war nur Monaten später) einzuhalten und kippte das Referendum. Ich fürchte Sie brauchen demnächst erstmals nach Kreuzlingen zu fahren um dort die eigene Stadt anschauen zu können.

  2. Eine Stadt braucht Perspektiven. Welche Perspektiven hat Konstanz? Flächen für Gewerbeansiedlungen? Große, prosperierende Firmen? Nein, Von einer Stadt mit produzierendem Gewerbe am Seerhein hat sich Konstanz zu einer Dienstleistungsstadt entwickelt. Zu einer Dienstleistungsstadt gehört ein Konzert- und Kongresshaus. Es schafft Arbeitsplätze, es steigert die Attraktivität der Stadt und damit es so richtig erfolgreich ist, muss es am bestmöglichen Ort stehen. Klein Venedig hat dieses Projekt verdient, der Übergang in die Schweiz wird dadurch deutlich aufgewertet

  3. frank sommer: Eine Stadt braucht Perspektiven.

    Zweifellos.

    frank sommer: Von einer Stadt mit produzierendem Gewerbe am Seerhein hat sich Konstanz zu einer Dienstleistungsstadt entwickelt.

    Nun, der konstanzer Gemeinderat hat mehr als einmal die Bedingungen für interessierte Firmen so erschwert, dass diese sich lieber woanders niedergelassen haben…

    frank sommer: Zu einer Dienstleistungsstadt gehört ein Konzert- und Kongresshaus.

    Warum sollte jemand zu einem Kongress nach Konstanz in ein spezielles Kongresshaus kommen, wenn es doch in weit leichter erreichbaren Orten am See die Möglichkeit gibt?

    Ein Gebäude für Veranstaltungen wäre prinzipiell schon seit sehr vielen Jahren sinnvoll. Allerdings aus meiner Sicht nicht in dieser Form und schon gar nicht an diesem Standort.

    frank sommer: Es schafft Arbeitsplätze, es steigert die Attraktivität der Stadt und damit es so richtig erfolgreich ist, muss es am bestmöglichen Ort stehen.

    Für mich ist Klein-Venedig nach wie vor der schlechtest mögliche Ort.

    frank sommer: Klein Venedig hat dieses Projekt verdient

    Nein, Klein-Venedig verdient nach dem schon hässlichen und an dieser Stelle völlig überflüssigen Sealife, dass das letzte Stückchen freie Fläche direkt an der Innenstadt genau das bleiben darf.

    frank sommer: der Übergang in die Schweiz wird dadurch deutlich aufgewertet

    Das Argument verstehe ich nicht. Warum sollte man einen Übergang aufwerten? Das Zollhäusle vergolden? Schönere Schranken?

  4. Konstanz pfeift drauf – Nein zun neuen Konzert- und Kongresshaus…

    Sind Sie für den Bau des Konstanzer Konzert- und Kongresshauses auf dem Gelände Klein-Venedig?

    Um diese Frage geht es am kommenden Sonntag in Konstanz bei einem Bürgerentscheid. Die Stadt am Bodensee plant direkt am Hafen, auf einem der Stadt gehöre…

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert